Wir: Nicole, 27 und Sascia, 24, brauchen 70 Stühle. Also nicht tatsächlich wir zwei, sondern die Container Uni (CU) in Friedrichshafen. Die CU ist ein provisorischer Campus aus Containern, dessen Konzept von den Künstlern Margit Czenki und Christoph Schäfer mit quartiervier Architekten und ZU Mitarbeitern gestaltet wurde. Die Idee: Einen Hangar errichten, der mit lauter gleichen Tischen und sehr verschiedenen Stühlen versehen ist. Das Budget für die Stühle: 0€. Wir verteilen daher Stühle-suchende Zettel in der Stadt, klappern alle Kleinanzeigen ab und versuchen von großen Möbelhäusern Restposten einzuheimsen. Die Suche scheint erfolgreich: 49 Stühle bei dem THW, möglicherweise eine unbegrenzte Anzahl von Stühlen bei einem großen Möbelhaus, diverse Angebote von Hausauflösungen, Leuten die wieder in die USA zurückziehen und Menschen, bei denen sich schlicht und ergreifend zu viel Besitz angehäuft hat. Wir planen also einen Tag, an dem wir alle zu verschenkenden Stühle im Landkreis Friedrichshafen einsammeln wollen. Wir bekommen einen Sprinter für einen Tag. Nicole darf ihre Fahrtkünste unter Beweis stellen. Mit Humor parkt es sich besser ein, haben wir herausgefunden. Oder einfach gar nicht erst einparken. Wozu dem schwäbischen Ordnungssinn folgen?
Die Tour kann also beginnen. „…Und ihr zwei schwangeren Frauen wollt jetzt die Stühle schleppen?“. Ob wir das wollen ist die eine Sache, dass wir es können, hat auf jeden Fall der Vormittag gezeigt: Wir luden 50 Stühle in den Sprinter, um sie dann wieder auszuladen – und eine endloserscheinende Treppe hinauf zu hieven. Der Nachmittag bei Privatleuten konnten uns also nicht mehr erschrecken. Neben Stühlen gab´s auch einen Fortgeschrittenen-Kurs in Heimatkunde dazu. Jeder der Stühle-Verschenker schien einen ungeheuren Redebedarf und Präsentationsdrag zu haben. Wir sahen neben verschiedenen Dachstühlen und Kellern, Kukusuhrensammlungen, Insektenzuchthäuser, eingezäunte Kohlgärtchen, unreife Mirabellenbäume, Porzellanpudelkollektionen, Fotosammlungen „von damals“ und einige muffige Treppenhäuser mit Blumenstillleben, die ihren Reiz schon vor vielen Jahren verloren haben müssen. Nach 140 km (?) und 75 Stühlen reicher sinken wir erschöpft auf unserer Tagesbeute nieder. Ein Sessel den man ein Treppenhaus runter und ein anderes hochgeschleppt hat, wirkt auf jeden Fall sehr viel weicher und majestätischer als andere auf dem man jemals gesessen hat.
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